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Kasseler Modellprojekt „Sozialwirtschaft integriert“

Stadt veröffentlicht Publikation zu SoWi: „Jede mit einer eigenen Geschichte“

 

 

Seit 2018 besteht das Modellprojekt „Sozialwirtschaft integriert“ der Kommunalen Arbeitsförderung der Stadt Kassel, welches Frauen mit Migrationshintergrund in den Berufsbereichen der Sozialwirtschaft ein Ausbildungs‐ und Qualifizierungsangebot bietet. Teilnehmerinnen, denen noch erforderliche Schulabschlüsse zum Beginn einer Ausbildung verfügen, können diese in einem Lehrgang zum Erwerb des Hauptschulabschlusses erwerben.

Das Jobcenter Stadt Kassel beteiligt sich von Anfang an dem vom Hessische Ministerium für Soziales und Integration geförderten Projekt. Seit Sommer 2020 stellt das Jobcenter Stadt Kassel zudem eine Ko-Finanzierung für 20 Teilnehmerinnenplätze sicher. Dank der intensiven und vertrauensvollen Zusammenarbeit aller Projektpartner – insbesondere Stadt Kassel, Jobcenter Stadt Kassel, Bildung und Soziale Innovation gGmbH sowie den Trägern des Coachings – ist „Sozialwirtschaft integriert“ ein großer Erfolg: Bis Anfang diesen Jahres konnten schon über 240 Frauen in das Projekt aufgenommen und auf dem Weg zu einem Schulabschluss, einer Ausbildung oder einer Arbeitsaufnahme begleitet werden.

Interessierte Kundinnen des Jobcenter Stadt Kassel können sich für weitere Informationen zur Teilnahme an dem Projekt an ihre Vermittlungsfachkraft oder an die Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt, Frau Nicole Eckhardt (nicole.eckhardt@jobcenter-ge.de), wenden.

 

Stadt Kassel veröffentlicht Publikation über Kasseler Modellprojekt „Sozialwirtschaft integriert“

(Pressemitteilung der Stadt Kassel vom 05.09.2022: Link)

Die Stadt Kassel veröffentlicht jetzt unter Federführung von Bürgermeisterin Ilona Friedrich eine Publikation zum Kasseler Modellprojekt „Sozialwirtschaft Integriert“, kurz SoWi. In „Jede mit einer eigenen Geschichte. Qualifizierungsperspektiven für Migrantinnen“ berichten Frauen von ihren Erfahrungen und Erfolgen im Projekt. Zudem werden die Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitstudie der Universität Kassel und die Erfahrungen einiger Kooperationspartner vorgestellt.
 

Projektleiterin Terhas Andezion (v.l.) von Bürgermeisterin Ilona Friedrich präsentieren die Publikation über Kasseler Modellprojekt „Sozialwirtschaft integriert“. (Bild: Bernd Schoelzchen/Stadt Kassel)


Wenn sie von sich erzählen, dann ist das selbstbewusst und zuversichtlich: „Meine Berufstätigkeit schafft für meine Familie und mich Stabilität“, „Ich habe mich zu einem Vorbild für meinen Sohn entwickelt“, „Ich verwirkliche Dinge, die ich mir vorgestellt habe“ sind Zitate aus den Lebensgeschichten von sechs Frauen, die alle eine Migrations- oder Fluchterfahrung haben. Die Porträtierten stehen dabei stellvertretend für rund 245 Teilnehmerinnen aus über 45 Ländern, die inzwischen das Kasseler SoWi- Projekt erfolgreich durchlaufen haben oder noch in Qualifizierung und Ausbildung sind. Gemeinsam ist ihnen der Wunsch, eine Chance auf Bildung, auf berufliche Integration und Selbstständigkeit zu erhalten in einem Land, in dem das für die meisten Menschen die Regel, nicht die Ausnahme ist.

 

Projekt mit Herz führt zum Erfolg

Auf 42 Seiten werden in der bebilderten Publikation die verschiedenen Aspekte von „SoWi“ ausführlich vorgestellt und von verschiedenen Seiten beleuchtet. Zielsetzung des Modellprojektes ist es zum einen, dem gravierenden Fachkräftemangel in Berufsfeldern wie der Alten- und Krankenpflege, der Hauswirtschaft und der Erziehung zu begegnen. Zum anderen sollen Migrantinnen durch Qualifizierung und Ausbildung berufliche Perspektiven eröffnet werden, die sie vom Rand der Gesellschaft in deren Mitte holen.

Eine ausführliche Projektbeschreibung informiert über die Strukturen, gibt Auskunft über Verweildauer der Teilnehmerinnen sowie erzielte Abschlüsse, über den prozentualen Anteil der verschiedenen Ausbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen, die Altersstruktur und Familienzusammensetzungen sowie über die Herkunftsländer.

Bürgermeisterin Friedrich und das verantwortliche „Sowi-Team“ um Projektleiterin Terhas Andezion möchten mit der Veröffentlichung den zahlreichen regionalen Beteiligten ausführliches Material an die Hand geben, weitere Teilnehmerinnen gewinnen, aber auch bundesweite Aufmerksamkeit erlangen. „Unsere Vision ist es, dass durch diesen Denkanstoß ähnliche Maßnahmen in ganz Deutschland realisiert werden und so möglichst vielen Frauen mit Migrationsgeschichte eine Chance erhalten, sich weiterzubilden und einen Beruf zu ergreifen“, so Friedrich. Das Projekt ist ein Paradigmenwechsel, sind sich Friedrich und Andezion einig. „Die Projektstruktur richtet sich nach den Bedürfnissen der Frauen, nicht die Frauen sich nach dem Projekt. Berufliche Integration von Frauen mit Migrationsgeschichte kann nur gelingen, wenn sie eine langfristige Begleitung erhalten. Und genau das leistet unser Projekt und zwar mit Erfolg“, so Andezion.

 

Die Wissenschaft zieht mit

„Die Hälfte der in Deutschland lebenden Menschen mit Migrationsgeschichte sind Frauen“, weiß Bürgermeisterin Ilona Friedrich zu berichten. Sie ist als Sozialdezernentin der Stadt Kassel für die kommunale Arbeitsförderung zuständig. Als das Hessische Ministerium für Soziales und Integration im Jahr 2018 „Sozialwirtschaft integriert“ mit dem Ziel auflegte, Menschen mit Migrationsgeschichte in soziale Berufe zu bringen, hat Kassel daher auf Initiative der Dezernentin ein eigenes Konzept entwickelt. Es sollte maßgeschneidert sein für die Anforderungen von Migrantinnen, die selbst, deren Eltern oder Großeltern nach Deutschland eingewandert sind. Der Hessische Minister für Soziales und Integration, Kai Klose, bezeichnet den Kasseler Weg in seinem Grußwort nun als „ein wichtiges Projekt der hessischen Arbeitsmarktförderung“.

Die an der Universität Kassel lehrende Sozialarbeitsforscherin Professorin Dr. Sigrid James hat mit ihrem wissenschaftlichen Team „SoWi“ zum Anlass einer wissenschaftlichen Begleitstudie genommen. „Die Datenlage in Bezug auf Frauen mit Migrationsgeschichte ist bisher ausgesprochen lückenhaft“, so die Forscherin. Das SoWi-Projekt bietet für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Gelegenheit, ein Modellvorhaben von Beginn an zu verfolgen und Daten über einen Zeitraum von mehreren Jahren zu erheben. Genau diese Perspektive der wissenschaftlichen Begleitstudie wird in der Broschüre vorgestellt.

Auch die enge Kooperation der Kommunalen Arbeitsförderung mit dem Jobcenter Stadt Kassel ist ein Thema. Ein Interview mit deren Beauftragte für Chancengleichheit Nicole Eckhardt, die die Kasseler Version von „Sozialwirtschaft integriert“ als „Förderprojekt mit Präventionscharakter“ bezeichnet, gibt über die Entwicklung und Stand der Zusammenarbeit Auskunft.

 

Perspektiven für einen neuen Lebensabschnitt

Von den Ausbildungsperspektiven in „SoWi“ angesprochen sind Ehefrauen, Mütter, Alleinerziehende und Alleinlebende mit Migrationsgeschichte, die volljährig sind und Deutschkenntnisse mindestens auf B1-Niveau haben. Mit einer Berufsorientierung beginnt die Qualifikation in einem angstfreien Raum, der die Reflektion der persönlichen und beruflichen Rollenentwicklung ermöglicht. Ferner werden alle Teilnehmerinnen während der Qualifizierung beziehungsweise Ausbildung durch ein Einzelcoaching bis ein halbes Jahr über die Berufsaufnahme hinaus auf ihrem Weg betreut und gestärkt. „Wir sind die Begleiterinnen im neuen Leben“ ist daher der Titel eines Artikels, in dem sich vier Coachinnen über ihre Erfahrungen mit Projektleiterin Terhas Andezion austauschen.

Ermöglicht werden der Hauptschulabschluss sowie Sprachkurse, es werden ferner Hilfestellungen im Rahmen des Anerkennungsverfahrens sowie bei der Suche nach einem Kinderbetreuungsplatz gegeben. Die Kurszeiten sind so gestaltet, dass für die Familienarbeit Zeit und Raum bleibt.

 

Fortsetzung folgt

Zunächst für den Zeitraum von 2018 bis Juni 2022 befristet, hat das Land Hessen inzwischen die Verlängerung und die Mittel für das Kasseler Modell bis ins Jahr 2025 bewilligt. Bürgermeisterin Friedrich sieht darüber hinaus die Perspektive, auch in den Folgejahren entsprechend Programme für Migrantinnen als festen Bestandteil der Kommunalen Arbeitsförderung anzubieten.

Weitere Informationen zu „Sozialwirtschaft Integriert“ sind auf www.kassel.de/sozialwirtschaft-integriert zusammengefasst. Die Publikation selbst kann per Mail an ute.beyer@kassel.de bestellt werden.
 

Bildnachweis Titelbild & Broschüre: Stadt Kassel

 

(veröffentlicht 28.09.2022, aktualisiert)